Krankheitsbild
Was ist überhaupt PXE?
PXE ist im englischen Sprachraum die Abkürzung für Pseudoxanthoma Elasticum, im Deutschen ist die Bezeichnung Grönblad-Strandberg-Syndrom noch verbreitet. PXE kommt etwa bei einer von ca. 75 000 Personen vor, wird aber bei vielen Betroffenen nicht diagnostiziert, weil sie so selten ist. PXE tritt unabhängig von der Hautfarbe auf. Über die geographische Verbreitung gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse.
PXE wurde zuerst vor über einhundert Jahren beschrieben. Anfänglich glaubte man, dass nur die Haut betroffen sei. Man hielt die Veränderungen der Haut für Cholesterin- Ablagerungen, Xanthomas genannt, die in der Haut von Personen mit hohem Cholesterinlevel vorkommen. Als man die richtige Ursache erkannte, nannte man die Hautveränderungen falsche Xanthomen, Pseudo-Xanthomen. Erst nach weiteren dreißig Jahren Forschung erkannte man den Zusammenhang der drei Bereiche Haut, Augen und Herz/Gefäße.
Heute ist sicher, dass die Ursache ein genetischer Defekt ist. PXE ist eine vererbte Krankheit.
Wenn bei Ihnen Verdacht auf PXE besteht, gehen Sie bitte zum Arzt!
Das für PXE verantwortliche Gen ABCC6 wurde 1997 an der Harvard Universität auf dem kurzen Arm von Chromosom* 16 lokalisiert und wurde im Jahre 2000 von mehreren Forschergruppen gleichzeitig identifiziert.
Häufige Symptome sind Veränderungen in der Haut, in den Augen und im Herz-Kreislauf-System (kardiovaskulärer Bereich). Die elastischen Fasern in diesen Bereichen mineralisieren, sie „verkalken“, werden unflexibler. Damit hängt ein beschleunigter Alterungsprozess der Organe zusammen.
Das Vorhandensein von Angioid Streaks (Symptom in der Netzhaut, s. Augen) allein kann auch auf eine andere System-Erkrankung hinweisen, ebenso können Gefäßverschlüsse oft eine andere Ursache haben.
Symptome können gar nicht oder unterschiedlich schwerwiegend und in unterschiedlichem Alter auftreten.
Insgesamt werden jedoch alle Personen mit PXE früher oder später in allen drei Bereichen – Haut, Augen und Gefäße und in seltenen Fällen im Magen-/Darmtrakt – in irgendeiner Form betroffen sein.
Symptome
Wie äußert sich PXE?
Haut
Ablagerungen im elastischen Gewebe sind sehr charakteristisch und meist als frühestes Symptom von PXE wahrzunehmen. Es bilden sich gelblich-orange Knötchen an der Haut und am Bindegewebe, die wie ein Xanthom (engl. xanthoma), also wie Knoten auf der Haut, verursacht durch Fetteinlagerungen, aussehen. Sind sie weniger ausgeprägt, erscheinen sie als gelbe Flecken auf der Haut.
Typisch ist, dass sie an den Seiten des Nackens zuerst erscheinen. Später treten sie in den Beugefalten am häufigsten auf (Nacken, Achselhöhle, Innenseite der Ellbogen, Handgelenke, um den Bauchnabel, Leistengegend, Kniekehlen, seltener in den Schleimhäuten, an der inneren Unterlippe oder der Innenseite des Rektums oder der Vagina). Sie sind mitunter sehr auffällig, verursachen jedoch keine Beschwerden und stellen lediglich ein kosmetisches Problem dar.
Mit dem Fortschreiten der Krankheit können sie zu kleinen Beulen (Papulen) werden, die sich zusammenschließen können zu Gebieten wie „Pflastersteine“ (Plaques). In den schwerwiegendsten Fällen können aus den Flächen ausgeprägte Falten in der Haut werden, besonders in den Gelenkbeugen.
Die Haut wird dehnbar und weniger elastisch. Diese Zonen können den Eindruck von vorzeitig gealterter Haut erwecken. Chirurgische Eingriffe haben sich hier als erfolgreich erwiesen, erzielen oft aber nur kurzfristig Verbesserungen.
Eine 3 mm große Haut-Biopsie ermöglicht eine sichere Diagnose, wichtig ist die anschließende Kossa-Färbung.
Auch für PXE-Betroffene ohne sichtbare PXE-Folgen in der Haut ist diese Diagnose möglich.
Bitte suchen Sie bei neuen oder akuten Symptomen unbedingt einen Arzt auf!
Augen
Die Netzhaut (Retina) ist meist erst einige Jahre nach der Haut betroffen. Die elastische Membran hinter der Netzhaut, die sogenannte Bruch-Membran, verkalkt und versteift stellenweise.
In der Folge kann es im Augenhintergrund zu der sogenannten Peau d’orange („Orangenhaut“) kommen. Der Augenarzt sieht dabei Drusen ähnelnde gelbe Veränderungen. Sie beeinflussen nicht die Sehschärfe.
Später bilden sich sogenannte „Angioid Streaks“. Der Begriff bezeichnet gefäßartige, unregelmäßige, rötlich-braun-graue Streifen. Sie werden beschrieben wie Sprünge in Porzellan. Ihr Verlauf stimmt mit Brüchen in kalzifizierten Bereichen der Bruch’schen Membran überein.
Im Alter von 20–25 Jahren haben die meisten PXE-Patienten Angioid Streaks. Sie werden leicht bei einer routinemäßigen Netzhaut-Untersuchung erkannt, verursachen aber keinerlei Beschwerden. Sie sind allerdings die Gebiete späterer Netzhautblutungen.
Diese entstehen, wenn neu gebildete Blutgefäße durch Risse in der Bruch-Membran unter die Netzhaut eindringen (Neovaskularisation). Blutungen auf der Netzhaut verursachen Narbenbildung, sie ist in diesem Bereich dann zerstört.
Meistens ist die Makula, der zentrale Teil der Retina, betroffen, die Folge ist der Verlust des zentralen scharfen Sehvermögens. Die Blutungen lassen die Randgebiete der Netzhaut intakt und verursachen keine totale Blindheit.
Das Krankheitsbild ähnelt stark einer altersbedingten feuchten Makula-Degeneration (AMD).
Herz und Gefäße
Auch in den kleinen Gefäßen treten Verengungen auf. Es kann zu Schmerzen im Darmtrakt kommen.
Außerdem kann das Gehirn betroffen sein, auch die Nieren. PXE kann zu Magen-Darmblutungen führen. Sie treten im Magen auf, selten rektal. Inzwischen weiß man, dass diese ernsthaften Komplikationen weniger häufig vorkommen als zunächst vermutet, bei etwa 13 % der Patienten.
Vermutlich sind die Symptome von PXE im Magen-Darm-Trakt das Ergebnis der Kalzifikation des elastischen Gewebes in den Innenwänden der Arterien in diesem Bereich. Sie kann zu Verdünnung der Wände, zur Bildung von Aneurysmen (Ausweitung eines arteriellen Blutgefäßes infolge von Veränderungen der Wand) und Brüchen führen. Es kann schwierig sein, die Ursache der Blutungen zu finden. Kleine Blutgefäße im Magen-/Darmtrakt können auf Grund von Kalzifizierung versteift sein und deshalb weniger fähig sich zusammenzuziehen, um die beginnende Blutung zu stoppen.
Magenblutungen fangen gewöhnlich mit geringen oder ohne Vorzeichen an und müssen ernst genommen werden. PXE-Patienten können das Risiko senken, indem sie Medikamente , die den Magen angreifen und Medikamente, die blutverdünnend wirken, wie z.B. Aspirin, vermeiden bzw. nur unter ärztlicher Kontrolle einnehmen.
Achtung! Bei Magenblutungen bitte sofort einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen!
Probleme im kardiovaskulären Bereich betreffen die peripheren (außen liegenden) Arterien sowie das Herz und die großen Gefäße.
Mögliche Folgen sind z.B. Bluthochdruck und Arteriosklerose (Arterienverkalkung), auch Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Verengung der Arterien mit eingeschränktem Blutfluss kann auch Angina pectoris verursachen.
Schmerzen in den Beinen nach längerem Laufen sind das häufigste frühe Symptom für Arteriosklerose. Bei Patienten mit PXE entwickelt sie sich bereits mit Ende 20 oder Anfang 30; fast ein Drittel der PXE-Patienten sind davon betroffen.
Ursache ist die Kalzifikation von elastischem Gewebe in den Arterien, die zu den Beinen führen. Plaques, also Verklumpungen, verengen und verhärten die zunehmend brüchigen Arterien.
Die Versorgung des Muskels mit Sauerstoff ist bei vermindertem Blutfluss ungenügend, er wird überbeansprucht und schmerzt. Dieser Schmerz tritt nur zeitweise auf, weil er mit Einsetzen der körperlichen Bewegung beginnt und nachlässt, wenn die Anstrengung aufhört – daher die Bezeichnung claudicatio intermittens, zeitweise Verschlusskrankheit. „Schaufensterkrankheit“ wird sie genannt, weil die Betroffenen während der schmerzbedingten Ruhepausen vorgeben, die Auslagen der Schaufenster anzuschauen.
Claudicatio intermittens ist behandelbar. Lesen Sie mehr dazu unter Therapie.
Andere Organe
Studien von Mammographien bei Frauen mit PXE haben gezeigt, dass hier Mikro-Kalzifikationen im Brustgewebe erscheinen und dass die Mehrzahl von ihnen gutartig ist. Das ist eine wichtige Information für Radiologen, da diese Brustkrebs in Mammographien diagnostizieren nach der Art und Weise, wie sich Mikro-Kalzifizierungen gruppieren. Beide Muster gleichen sich, so dass man unbedingt den Radiologen vor einer Mammographie von der PXE-Erkrankung informieren sollte.
Das ist auch das Ergebnis einer Studie über Ultraschall-Aufnahmen von Hoden. Beidseitig findet man bei PXE- Patienten üblicherweise verkalkte Stellen, und auch hier sind die typischen Gruppen denen bei Krebs vergleichbar.
Mitunter hat man bei Ultraschalluntersuchungen kleine verkalkte Stellen in der Milz und den Nieren gefunden. Sie sind gewöhnlich ein Marker für PXE, aber darüber hinaus wahrscheinlich nicht von Bedeutung.